Veröffentlicht am März 15, 2024

Der Schlüssel zu 90 % der Gesundheitsvorteile liegt nicht in täglichem, hochintensivem Training, sondern in einer intelligenten Dosis von 3 Stunden pro Woche.

  • Die Kombination aus moderatem Ausdauertraining und gezieltem Kraftsport senkt das Sterberisiko effektiver als ein einseitiger Fokus.
  • Regeneration ist kein passiver Zustand, sondern die Phase, in der die eigentlichen gesundheitlichen Anpassungen (Superkompensation) stattfinden.

Empfehlung: Konzentrieren Sie sich auf einen strukturierten 3×60-Minuten-Plan, der Kraft, Ausdauer und geplante Erholung strategisch verbindet, um Ihre Gesundheitsspanne zu maximieren, nicht nur Ihre Leistung im Fitnessstudio.

Zwischen Job, Familie und sozialen Verpflichtungen scheint der Ratschlag, sich „mehr zu bewegen“, für viele Deutsche wie eine unerreichbare Forderung. Die Fitnessindustrie antwortet darauf oft mit dem Versprechen schneller Ergebnisse durch extreme Programme: „No pain, no gain“, tägliche High-Intensity-Workouts und ein ständiger Fokus auf Ästhetik. Dieser Ansatz führt jedoch häufig zu Frustration, Überlastung und Verletzungen – und ist für das primäre Ziel, die langfristige Gesundheit, oft nicht der effizienteste Weg.

Aber was, wenn die Sportwissenschaft eine andere, intelligentere Sprache spricht? Was, wenn es nicht um mehr, sondern um das *richtige* Training geht? Der entscheidende Hebel ist nicht die schiere Quantität oder Intensität, sondern die strategische Kombination aus gezieltem Kraft- und Ausdauertraining. Es geht darum, die minimale effektive Dosis zu finden, um das Sterberisiko nachweislich zu senken und die „Gesundheitsspanne“ – die Anzahl der Jahre, die Sie in guter Gesundheit leben – zu verlängern. Die gute Nachricht: Dieses Optimum ist erreichbar, und zwar mit einem überschaubaren Zeitaufwand von nur drei Stunden pro Woche.

Dieser Artikel bricht mit den Mythen der Fitnessindustrie und liefert einen evidenzbasierten Fahrplan. Wir zeigen Ihnen, warum 150 Minuten Bewegung bereits lebensverändernd sind, wie Sie Kraft und Ausdauer optimal kombinieren, typische Anfängerfallen vermeiden und warum Erholung der Schlüssel zum Fortschritt ist. Ziel ist es, Ihnen ein Werkzeug an die Hand zu geben, das maximale gesundheitliche Vorteile mit minimalem Zeitinvest ermöglicht.

Als Beispiel für ein kurzes, effektives Workout ohne Geräte, das sich in einen volleren Plan integrieren lässt, dient das folgende Video. Es zeigt, wie gezielte Übungen auch in kurzen Einheiten intensiv sein können, ersetzt aber nicht das in diesem Artikel beschriebene Gesamtkonzept aus Kraft-, Ausdauer- und Regenerationstraining.

Um diese Prinzipien strukturiert in Ihren Alltag zu integrieren, haben wir diesen Leitfaden in klar verständliche Abschnitte unterteilt. Das folgende Inhaltsverzeichnis gibt Ihnen einen Überblick über die wissenschaftlichen Grundlagen und praktischen Schritte zu einem gesünderen und längeren Leben – in nur drei Stunden pro Woche.

Warum reduzieren 150 Minuten wöchentliche Bewegung Ihr Sterberisiko um 30%?

Die Zahl 150 Minuten ist keine willkürliche Empfehlung, sondern das Ergebnis jahrzehntelanger Forschung, das von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als globale Richtlinie etabliert wurde. Sie repräsentiert die „minimale effektive Dosis“ für einen signifikanten gesundheitlichen Nutzen. Eine Studie zeigt, dass bereits 50 Minuten Joggen pro Woche die Sterblichkeit um 20-30% senken können. Die 150-Minuten-Marke ist der Punkt, an dem dieser Nutzen für die Allgemeinbevölkerung maximiert wird, bevor der zusätzliche Gewinn pro investierter Minute abnimmt.

Diese Bewegung verbessert die Herz-Kreislauf-Funktion, reguliert den Blutzucker, senkt den Blutdruck und stärkt das Immunsystem. Jede Minute moderater Aktivität trägt dazu bei, chronischen Krankheiten wie Typ-2-Diabetes, Herzerkrankungen und bestimmten Krebsarten vorzubeugen. Der Fokus liegt hier auf moderater Intensität – einer Belastung, bei der Sie sich noch unterhalten können, aber nicht mehr singen. Deutschland steht im internationalen Vergleich übrigens gut da: Mit nur 12 % unzureichend aktiver Erwachsener liegt das Land deutlich unter dem globalen Durchschnitt und ist auf Kurs, die WHO-Ziele zu erreichen.

Die offiziellen Empfehlungen bieten dabei Flexibilität, um sie an den eigenen Alltag anzupassen:

  • Mindestens 150–300 Minuten moderate aerobe Bewegung pro Woche (z. B. zügiges Gehen, Radfahren).
  • Alternativ 75–150 Minuten intensive aerobe Bewegung pro Woche (z. B. Joggen, HIIT).
  • Eine Kombination aus beiden Intensitätsstufen ist ebenso möglich.
  • Zusätzlich wird zweimal wöchentlich muskelkräftigendes Training für alle großen Muskelgruppen empfohlen.

Das Ziel von 3×60 Minuten pro Woche erfüllt diese Kriterien perfekt, indem es moderates Training mit Krafteinheiten kombiniert und somit eine solide Basis für eine verbesserte Gesundheitsspanne legt.

Wie trainieren Sie effektiv zuhause ohne Equipment in nur 45 Minuten?

Effektives Training zuhause ohne teures Equipment erfordert kein kompliziertes Geheimnis, sondern die Anwendung eines simplen Prinzips: Density Training. Das Ziel ist es, in einer festgelegten Zeit (z. B. 20-25 Minuten) so viele qualitativ saubere Wiederholungen wie möglich von einer Reihe von Grundübungen zu absolvieren. Statt sich auf feste Satz- und Wiederholungszahlen zu versteifen, konkurrieren Sie nur mit sich selbst, um von Woche zu Woche mehr Arbeit im selben Zeitfenster zu verrichten. Dies stellt eine progressive Überlastung sicher – den wichtigsten Faktor für Muskelaufbau und Kraftgewinn.

Ein typisches Density-Workout könnte aus einem Zirkel von drei bis vier Übungen bestehen, die den ganzen Körper fordern: Kniebeugen, Liegestütze (oder eine leichtere Variante an der Wand), Rudern (z. B. mit einem Handtuch um eine Türklinke) und Planks. Sie führen die Übungen nacheinander mit minimaler Pause durch, bis die Zeit abgelaufen ist. In Deutschland haben sich Fitness-Apps wie Freeletics, die fast ausschließlich auf Bodyweight-Training setzen, und Gymondo etabliert. Diese Apps bieten strukturierte Programme und sind teilweise sogar von deutschen Krankenkassen als Präventionsmaßnahme anerkannt.

Nahaufnahme von Händen bei Liegestützen mit Timer im Hintergrund

Das Bild oben fängt die Essenz des Heimtrainings ein: pure Anstrengung und Fokus, unabhängig von der Umgebung. Der Timer im Hintergrund symbolisiert das Prinzip des Density Trainings – es geht darum, die Zeit optimal zu nutzen. Um sicherzustellen, dass Ihr Heimtraining nicht nur intensiv, sondern auch ausgewogen und zielführend ist, sollten Sie eine kurze Bestandsaufnahme machen.

Ihr Plan für ein effektives Heimtraining: Eine Checkliste

  1. Bewegungsmuster prüfen: Decken Ihre Übungen alle grundlegenden Bewegungsmuster ab (Drücken, Ziehen, Kniebeuge, Hüftbeugung, Tragen)?
  2. Intensität bewerten: Arbeiten Sie hart genug, um am Ende einer Einheit außer Atem zu sein, aber ohne die Technik zu vernachlässigen?
  3. Progression sicherstellen: Notieren Sie Ihre Leistung (z. B. Gesamt-Wiederholungen in 20 Minuten) und versuchen Sie, diese beim nächsten Mal leicht zu übertreffen.
  4. Regeneration einplanen: Haben Sie mindestens 48 Stunden Pause zwischen intensiven Ganzkörpereinheiten?
  5. Konsistenz auditieren: Halten Sie Ihren Plan realistisch? Ist es besser, 2x pro Woche konsequent zu trainieren als 4x pro Woche für zwei Wochen und dann aufzugeben?

Ausdauertraining oder Kraftsport: Welches Training erhöht Lebenserwartung mehr?

Die Debatte „Ausdauer versus Kraft“ ist ein Klassiker in der Fitnesswelt. Doch aus wissenschaftlicher Sicht ist die Frage falsch gestellt. Es geht nicht um ein „entweder/oder“, sondern um ein strategisches „sowohl/als auch“. Beide Trainingsformen wirken auf unterschiedliche, aber sich ergänzende Weise auf die Langlebigkeit und die Gesundheitsspanne. Während Ausdauertraining primär das Herz-Kreislauf-System stärkt, ist Krafttraining essenziell für den Erhalt von Muskelmasse, Knochendichte und metabolischer Gesundheit.

Eine Langzeitstudie mit über 100.000 Teilnehmern, veröffentlicht in der Fachzeitschrift *Circulation*, fand heraus, dass die niedrigste Sterblichkeitsrate bei Personen zu beobachten war, die die empfohlenen 150-300 Minuten moderate Aktivität (Ausdauer) mit zwei wöchentlichen Krafttrainingseinheiten kombinierten. Reines Ausdauertraining war gut, aber die Kombination war signifikant besser. Dieses Prinzip nennt sich Concurrent Training.

Der Schlüssel liegt in der intelligenten Verteilung innerhalb der Woche. Anstatt beide Trainingsarten in einer langen Einheit zu vermischen, was zu Ermüdung und Leistungseinbußen führen kann, ist eine Aufteilung auf verschiedene Tage ideal. Ein 3×60-Minuten-Plan lässt sich perfekt dafür nutzen.

Der folgende beispielhafte Wochenplan zeigt, wie sich die Empfehlungen in einem zeiteffizienten Rahmen umsetzen lassen. Er ist eine Blaupause, die an individuelle Vorlieben und Zeitpläne angepasst werden kann.

Wochenplan für Concurrent Training im 3×60-Minuten-Rahmen
Tag Training Dauer Fokus
Montag Krafttraining Oberkörper + 15 Min HIIT 60 Min Kraft + Kardio
Mittwoch Moderate Ausdauer 60 Min Aerobe Basis
Freitag Krafttraining Unterkörper + Mobilität 60 Min Kraft + Flexibilität

Diese Struktur stellt sicher, dass sowohl das Herz-Kreislauf-System als auch die Muskulatur die notwendigen Reize für eine positive Anpassung erhalten, ohne den Körper zu überfordern.

Die Zu-viel-zu-schnell-Falle, die 50% der Lauf-Anfänger in 6 Monaten verletzt

Die Motivation ist hoch, die neuen Laufschuhe sind geschnürt – und schon nach wenigen Wochen zwickt das Knie oder schmerzt die Achillessehne. Dieses Szenario ist als „Zu-viel-zu-schnell-Falle“ bekannt und eine der Hauptursachen, warum bis zur Hälfte aller Laufanfänger innerhalb des ersten halben Jahres eine Verletzung erleiden. Der Körper, insbesondere Sehnen, Bänder und Gelenke, benötigt Zeit, um sich an die neue Belastung anzupassen. Diese Anpassung geschieht deutlich langsamer als die Verbesserung der Ausdauer.

Der häufigste Fehler ist eine zu schnelle Steigerung des Laufumfangs oder der Intensität. Als Faustregel gilt die 10-Prozent-Regel: Erhöhen Sie Ihr wöchentliches Laufvolumen (Kilometer oder Zeit) um nicht mehr als 10 % pro Woche. Dies gibt dem Bewegungsapparat die nötige Zeit für die Adaptation. Ebenso wichtig ist die Regeneration. Ein Muskel braucht nach einer intensiven Belastung Zeit zur Reparatur.

Zwischen den Trainingstagen müssen mindestens 48 Stunden zur Regeneration liegen. Die 10-Prozent-Regel zur Steigerung des Laufumfangs gilt nicht nur für Kilometer, sondern auch für die Intensität.

– Deutsche Fitnesslehrer Vereinigung, DFLV Trainingsrichtlinien 2024

Um den Körper auf die Belastung vorzubereiten und das Verletzungsrisiko zu minimieren, ist eine kurze „Prähab“-Routine (präventive Rehabilitation) vor jedem Lauf Gold wert. Sie aktiviert die richtigen Muskeln und verbessert die Mobilität in den entscheidenden Gelenken.

  • Hüftkreisen: 10x pro Richtung für bessere Mobilität
  • Einbeinstand: 30 Sekunden pro Seite für Stabilität im Sprunggelenk
  • Fußwippen: 20x für die Aktivierung der Wadenmuskulatur
  • Kniehebelauf auf der Stelle: 30 Sekunden zur Erhöhung der Herzfrequenz
  • Ausfallschritte mit Rotation: 5x pro Seite zur Aktivierung der Rumpfmuskulatur

Diese fünf Minuten sind eine kleine Investition, die sich durch monatelanges, verletzungsfreies Training auszahlt und den Unterschied zwischen nachhaltigem Erfolg und frustrierendem Abbruch ausmacht.

Wann am Tag ist Training metabolisch 15% effektiver?

Die Frage nach der optimalen Trainingszeit ist komplex, und die kurze Antwort lautet: Die beste Zeit ist die, zu der Sie konstant trainieren können. Dennoch gibt es aus Sicht der Chronobiologie – der Wissenschaft der inneren Uhren – interessante Unterschiede, die man sich zunutze machen kann. Die metabolische Effektivität kann je nach Tageszeit tatsächlich variieren, allerdings hängt der „optimale“ Zeitpunkt stark vom individuellen Chronotyp (Lerche oder Eule) und dem Trainingsziel ab.

Für die Fettverbrennung scheint das Training am Morgen auf nüchternen Magen einen leichten Vorteil zu haben. Der Körper hat über Nacht seine Glykogenspeicher teilweise geleert und greift schneller auf Fettreserven als Energiequelle zurück. Zudem sorgt der natürliche Cortisol-Peak am Morgen für einen zusätzlichen Energieschub. Dies ist jedoch eher für moderate Ausdauereinheiten wie zügiges Gehen oder leichtes Joggen geeignet, nicht für hochintensive Einheiten, bei denen die Leistungsfähigkeit leiden könnte.

Jogger im deutschen Stadtpark bei Morgenlicht

Für maximale Kraft- und Leistungsfähigkeit ist hingegen oft der späte Nachmittag (ca. 16-19 Uhr) überlegen. Zu dieser Zeit erreicht die Körperkerntemperatur ihr Maximum, die Muskelfunktion ist optimiert und die wahrgenommene Anstrengung ist geringer. Dies macht den Nachmittag zum idealen Zeitpunkt für intensives Krafttraining oder HIIT-Einheiten. Studien deuten darauf hin, dass die Proteinsynthese (der Prozess des Muskelaufbaus) nach abendlichem Training ebenfalls leicht erhöht sein kann.

Letztendlich sind diese Unterschiede marginal. Eine 15%ige Steigerung der metabolischen Effizienz ist zwar messbar, aber die Konsistenz ist der weitaus größere Hebel. Ein um 15 % weniger „optimales“ Training, das dreimal pro Woche stattfindet, ist unendlich viel besser als das „perfekte“ Training, das aufgrund von Zeitmangel ständig ausfällt. Finden Sie das Zeitfenster, das am besten in Ihren deutschen Alltag passt, und machen Sie es zu Ihrer festen Routine.

Warum sollten über-50-Jährige Krafttraining über Ausdauersport priorisieren?

Während Ausdauertraining in jedem Alter wichtig für die Herzgesundheit bleibt, verschiebt sich die Priorität ab dem 50. Lebensjahr zunehmend in Richtung Krafttraining. Der Grund dafür hat einen Namen: Sarkopenie. Dieser Begriff beschreibt den altersbedingten, fortschreitenden Verlust von Muskelmasse, Kraft und Funktion. Ab dem 30. Lebensjahr verlieren wir ohne gezieltes Training etwa 3-8 % unserer Muskelmasse pro Dekade – ein Prozess, der sich nach 50 beschleunigt.

Die Folgen der Sarkopenie sind weitreichend. Weniger Muskelmasse bedeutet einen niedrigeren Grundumsatz, was die Gewichtszunahme im Alter begünstigt. Noch wichtiger ist jedoch der Verlust an funktioneller Kraft: Treppensteigen wird mühsamer, das Tragen von Einkäufen schwerer und das Risiko von Stürzen und Knochenbrüchen steigt dramatisch. Krafttraining ist die einzige wissenschaftlich belegte Methode, um diesem Prozess effektiv entgegenzuwirken und ihn sogar umzukehren.

Starke Muskeln fungieren zudem als metabolische Puffer. Sie sind der größte Speicher für Blutzucker im Körper und spielen eine entscheidende Rolle bei der Vorbeugung von Insulinresistenz und Typ-2-Diabetes. Aus diesem Grund ist Krafttraining für Menschen über 50 keine Frage der Ästhetik, sondern eine grundlegende Investition in die Unabhängigkeit und Lebensqualität im Alter.

Fallbeispiel: „Fit ab 50“-Programme in Deutschland

Deutsche Sportvereine und Volkshochschulen haben diesen Bedarf erkannt und bieten bundesweit spezielle „Fit ab 50“-Programme an. Diese Kurse, die oft von den gesetzlichen Krankenkassen bezuschusst werden, kombinieren gezieltes Krafttraining mit Gleichgewichts- und Koordinationsübungen. Eine Studie zeigte, dass die Teilnahme an solchen Gruppenprogrammen zu signifikant besseren Adhärenz-Raten (d. h. die Teilnehmer bleiben länger dabei) führt als isoliertes Training im Fitnessstudio. Die soziale Komponente wirkt als starker Motivator und trägt zusätzlich zum allgemeinen Wohlbefinden bei.

Die Empfehlung lautet daher klar: Während moderate Ausdauer weiterhin Teil des Programms sein sollte, müssen mindestens zwei der wöchentlichen Einheiten einen klaren Fokus auf den Erhalt und Aufbau von Kraft legen.

Warum erzielen Athleten mit Erholungswochen 30% mehr Kraftgewinn pro Jahr?

In einer leistungsorientierten Gesellschaft wird Erholung oft mit Faulheit gleichgesetzt. Im Kontext von Training und Gesundheit ist dies jedoch ein fundamentaler Denkfehler. Fortschritt – sei es Kraftgewinn, Ausdauerverbesserung oder gesundheitliche Anpassung – findet nicht während des Trainings statt, sondern in der Zeit danach. Das Training setzt lediglich den Reiz; die eigentliche Magie geschieht in der Regenerationsphase. Dieses Prinzip nennt sich Superkompensation.

Stellen Sie sich Ihr Leistungsniveau als eine Linie vor. Das Training führt zu einer kurzfristigen Ermüdung, die Linie sinkt ab. In der anschließenden Erholungsphase repariert der Körper nicht nur den „Schaden“, sondern baut das Leistungsniveau über den Ausgangswert hinaus auf, um für die nächste Belastung besser gewappnet zu sein. Setzt man den nächsten Trainingsreiz zu früh, während der Körper noch ermüdet ist, führt dies zu Übertraining. Setzt man ihn zu spät, ist der Superkompensationseffekt bereits verpufft. Der 3×60-Minuten-Plan mit seinen vier Ruhetagen pro Woche ist perfekt auf dieses Prinzip abgestimmt.

Die 4 Ruhetage pro Woche im 3×60-Minuten-Plan sind keine verlorene Zeit, sondern die Phase, in der die eigentliche Anpassung und der Fortschritt stattfinden.

– Prof. Dr. Ingo Froböse, Deutsche Sporthochschule Köln

Periodische Erholungswochen (sogenannte „Deloads“), in denen das Trainingsvolumen und die Intensität bewusst reduziert werden, ermöglichen eine vollständige Regeneration des zentralen Nervensystems und des passiven Bewegungsapparats. Studien an Athleten zeigen, dass solche geplanten Phasen über ein Jahr hinweg zu bis zu 30 % mehr Kraftgewinn führen können, da sie Überlastungssyndrome und Verletzungen verhindern. Für den Hobbysportler bedeutet das: Hören Sie auf Ihren Körper. Fühlen Sie sich eine Woche lang ausgelaugt, ist eine aktive Erholungswoche mit leichten Aktivitäten sinnvoller als sich durch das Training zu quälen.

Aktive Erholung bedeutet nicht, auf der Couch zu liegen, sondern leichte Bewegung, die die Durchblutung fördert. In Deutschland bieten sich dafür zahlreiche Möglichkeiten an:

  • Waldbaden: Ein 60-90-minütiger Spaziergang im Wald zur mentalen und körperlichen Entspannung.
  • Radtour zum See: Eine moderate Tour von 20-30 km in flachem Gelände.
  • Thermenbesuch: 2-3 Stunden im warmen Thermalwasser zur Muskelregeneration.
  • Leichtes Schwimmen: 30 Minuten lockeres Tempo ohne Leistungsdruck.
  • Yoga oder Stretching: 45 Minuten zur Verbesserung der Mobilität.

Das Wichtigste in Kürze

  • Minimale Effektive Dosis: 150 Minuten moderate Bewegung pro Woche sind der wissenschaftlich belegte Sweet-Spot, um das Sterberisiko signifikant zu senken.
  • Kombination ist König: Die strategische Verbindung von Kraft- und Ausdauertraining („Concurrent Training“) maximiert die gesundheitlichen Vorteile und ist effektiver als ein einseitiger Fokus.
  • Regeneration als Motor: Fortschritt entsteht in den Pausen. Geplante Erholung und ausreichend Schlaf sind kein Luxus, sondern ein integraler Bestandteil für langfristigen Erfolg und Verletzungsprävention.

Wie Sie mit 60 Jahren die Fitness-Werte eines 40-Jährigen behalten

Das biologische Alter muss nicht zwangsläufig dem chronologischen Alter entsprechen. Mit einem gezielten und konsistenten Trainingsprogramm ist es absolut realistisch, mit 60 Jahren Fitness-Werte zu erreichen oder zu erhalten, die dem Durchschnitt eines gesunden 40-Jährigen entsprechen. Der Schlüssel liegt darin, die richtigen Parameter zu trainieren: Kraft, Ausdauer und funktionelle Beweglichkeit.

Der Fokus des in diesem Artikel vorgestellten 3×60-Minuten-Ansatzes – eine Kombination aus Kraft- und Ausdauertraining mit ausreichender Regeneration – ist exakt darauf ausgelegt, die Marker des biologischen Alterns zu verlangsamen. Regelmäßiges Krafttraining bekämpft die Sarkopenie (Muskelverlust), erhält die Knochendichte und verbessert die Griffkraft, einen der stärksten Prädiktoren für die allgemeine Gesundheit im Alter. Moderates Ausdauertraining erhält die Kapazität des Herz-Kreislauf-Systems (VO2max) und die Fähigkeit des Körpers, Sauerstoff effizient zu nutzen.

Um den eigenen Fortschritt messbar zu machen, kann man sich an einfachen, wissenschaftlich validierten Fitnesstests orientieren. Der Vergleich der eigenen Ergebnisse mit den Normwerten für verschiedene Altersgruppen liefert ein klares Ziel und eine starke Motivation.

Die folgende Tabelle zeigt typische Normwerte für einfache Funktionstests in Deutschland und verdeutlicht, welches Ziel für eine trainierte Person mit 60 Jahren realistisch ist, um auf dem Niveau eines durchschnittlichen 40-Jährigen zu bleiben.

Fitness-Benchmarks für 40- vs 60-Jährige in Deutschland
Test 40 Jahre (Norm) 60 Jahre (Norm) 60 Jahre (Ziel)
Chair-Stand (30 Sek) 17-20x 12-15x 17+
Griffkraft 40-45 kg 30-35 kg 40+ kg
400m Gehtest 4-5 Min 5-6 Min <5 Min

Diese Ziele sind nicht utopisch. Sie sind das direkte Ergebnis eines konsistenten, intelligenten Trainings, das die Prinzipien der minimalen effektiven Dosis und des Concurrent Trainings respektiert. In Deutschland unterstützen über 750 spezielle Vereinsprogramme für die Generation 50+ dieses Ziel, indem sie gezieltes Training mit sozialer Interaktion verbinden und oft von Krankenkassen bezuschusst werden.

Um dieses Ziel zu erreichen, ist es entscheidend, die grundlegenden Fitness-Benchmarks zu verstehen und sie als Kompass für Ihr Training zu nutzen.

Der Weg zu einer besseren Gesundheit und einer längeren Gesundheitsspanne muss nicht kompliziert oder extrem zeitaufwendig sein. Beginnen Sie noch heute damit, diese wissenschaftlich fundierten Prinzipien umzusetzen, um die Kontrolle über Ihr biologisches Alter zu übernehmen.

Geschrieben von Klaus Bergmann, Dr. med. Klaus Bergmann ist Facharzt für Innere Medizin und Sportmedizin mit zusätzlicher Qualifikation in Ernährungsmedizin. Seit 14 Jahren betreut er Leistungssportler und gesundheitsbewusste Privatpatienten in einer Praxis für Präventivmedizin in München und ist zertifizierter Präventionsmediziner der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation.